Ein aufschlussreicher Essay von György Stoffán, der vor 33 Jahren, am 1. April 1989, persönlich an der Beerdigung der letzten ungarischen Königin teilnahm.
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Bei habsburgischen Begräbnissen und Hochzeiten war das Palais Pallavicini traditionell der Empfangsort für den ungarischen und siebenbürgischen Adel. Auch bei dieser Gelegenheit versammelten wir uns im Palast der Pallavicini, zu einer vom alten Markgrafen Karl festgelegten Zeit. Er hatte den ungarischen Adel zu diesem traurigen Anlass eingeladen und koordinierte ihn gemäß der Tradition. Hier freundeten wir uns mit dem gutmütigen Grafen János Péter Széchenyi an, der ein hervorragender Kenner der Geschichte und ein entschiedener Verfechter der Tradition war, und hier lernte ich Graf Antal Széchenyi, Graf Ádám Batthyány, Graf Zsolt Makra kennen... und die Liste der Eingeladenen ließe sich beliebig fortsetzen. Vor der Beerdigung wurden die Weinflaschen schnell geleert, und die Stimmung in der High Society verbesserte sich. Witze, Anekdoten, alte Militär- und andere Geschichten, die manchmal in Gelächter ausarteten, erweckten den Anschein, als würde sich der ungarische Adel zumindest auf den Karnevalsumzug vorbereiten. Aber...
Die Geschichte hat sich nicht selbst belogen. Als wir in militärischer Ordnung die Stufen des Palastes zum Stephansdom hinabstiegen, fragte ich Johannes Peter, wie es möglich sei, dass der gesamte ungarische Hochadel hier sei, wir würden zu einer Beerdigung gehen, aber alle seien so gut gelaunt, als würden wir wenigstens zu einer Hochzeit gehen. "Hat dein Vater es dir nicht gesagt? Ein ungarischer Adliger nimmt an der Beerdigung der Frau des ungarischen Monarchen teil. Aber ein ungarischer Adeliger geht nicht nüchtern zu einem habsburgischen Begräbnis."
Nun, das war schon seltsam, aber so ist die Geschichte, dachte ich, als wir langsam den Dom erreichten, wo Erzherzog Georg diese edle Gruppe ungarischer Adliger am Seiteneingang empfing und ein Direktor die große Gesellschaft zu den Bänken des schummrigen Seitenschiffs des Stephansdoms führte, von wo aus ganz sicher niemand den Altar, die Beerdigung oder den Erzbischof bei der Messe sehen würde. Dies wurde der Platz des ungarischen Adels bei der königlichen Beerdigung. Doch zwecklos. So ist mal die Geschichte.
Die Traditionen der Geschichte blieben jedoch weiterhin in den Händen des Adels und der Habsburger: - Am Ende der Messe, als die ungarische Hymne in einem sehr schwungvollen, akkordischen Rhythmus auf der Orgel gespielt wurde, salutierte der ungarische Adel mit Schwertern und Graf Zsolt Makra - wegen seiner Gürtelrose - mit einem Streitkolben... Beim "Gott erhalte" glitten die Schwerter schlaff in ihre Scheiden zurück, und mein Bruder Zsolt senkte den Streitkolben. Denn so ist die Geschichte.
Der ungarische Adel, der mit einer großen Fahne aus Dóm herausmarschierte, nahm die ihm zugewiesenen Plätze ein und schritt, weit genug von der Kutsche mit dem Sarg entfernt, langsam und anmutig auf die Kapuzinergruft zu. Natürlich ging der Zug nicht geradeaus, sondern den Graben entlang, dann den Kohlmarkt, und von dort zum Josefsplatz... wo - weil der ungarische Erzherzog Karl Pallavicini während des Zuges erfuhr, dass die Ungarn nicht zum Empfang im Hilton nach dem Begräbnis eingeladen waren - das ungarische "Edelkorps" zu den Toren des Pallavicini-Palastes zog. Wenn Kronprinz Otto die Ungarn nicht zum Empfang nach der Beerdigung im Hilton einlud, begleiteten die Ungarn auch nicht die Prozession zur Gruft...
Die Könige und Gouverneure der östlichen Länder erhielten einen Ehrenplatz im Dom und eine Einladung ins Hilton... während die Ungarn im Seitenschiff und ohne Hilton-Empfang zurückgelassen wurden... Denn das ist die altbewährte Geschichte...
TV3 schlich sich auch durch die Tore des Pallavicini-Palastes und filmte ein kurzes Interview mit den ungarischen Adeligen... Dieses wurde natürlich nie auf Kanal 3 ausgestrahlt, und der ungarische Adel verpasste alle Fotos und Filme vom Begräbnis der Königin.
Bei der Trauermesse am nächsten Tag in der Krönungskirche in der Budaer Burg saßen trotz des traditionellen Wiener Klingenwechsels immer noch die treuen, aber kompromisslosen ungarischen Adeligen im Altarraum... und das Volk begrüßte Erzherzog Otto, der nach der Messe die Kirche verließ, mit den Rufen "Es lebe der König"... der diesmal nur die Ungarn ins Budaer Schloss Hilton einlud... Denn... es waren keine anderen Nationen bei dieser Trauermesse...
Autor: György Stoffán
Fotos von Tamás Szigeti - Magyar Nemzet
Übersetzung ins Deutsche von Dr. Gábor T. Túri