In der Frühlingskälte trafen wir den Schriftsteller György Stoffán in der Innenstadt von Székesfehérvár, im Szent-István-Király-Museum. Beim Kaffee sprachen wir über den Glauben, den Krieg, die Fastenzeit... und alles, was sonst noch zur Sprache kam.
- Sie haben schon lange nicht mehr über Politik oder innenpolitische Skandale geschrieben, aber in letzter Zeit haben Sie eine Menge brillanter Artikel verfasst. Was istpassiert?
- Nicht, dass dies so brillante Ideen wären. Ich versuche lediglich, die Realität der Realität zu beschreiben. Das ist nicht schwer. Sie ist gegeben. Was das Fehlen von Artikeln über die Innenpolitik angeht, so wäre es für mich so, als würde ich seitenweise darüber schreiben, dass ich in eine Canis merda getreten bin. Das ist unter meiner Würde. Über diese Opposition, über die Erscheinungsformen dieser Opposition gibt es nichts zu schreiben. Die betrunkenen Gäste der Dorfkneipe sind im Vergleich dazu Universitätsprofessoren. Menschlich und moralisch sind sie so abgrundtief, dass ich mich oft frage, wieviel man ihnen für diese furchtbar erniedrigende Rolle zahlen kann. Denn wenn sie jemals in den Geschichtsbüchern erwähnt werden, dann in etwa so, wie Szamuely, Mátyás Rákosi oder Béla Kun erwähnt werden. [Diese waren die schlimmsten ungarischen Kommunisten, an die man sich erinnern kann. (Anmerkung des Übersetzers)]
- Die Wahlen in Ungarn stehen vor der Tür, es gibt einen Wahlkampf. Wie sehen Sie die Kampagne 2022?
- Sehen Sie, ich habe bereits gesagt, was über die Opposition gesagt werden kann. Die Kampagne der Regierungspartei? Das hängt davon ab, für wen sie bestimmt ist. Ich hätte einen etwas anderen Ansatz gewählt, ich hätte mich an die Wähler gewandt. Aber es muss ein Genie dahinter stecken, denn die Intelligenz weiß, wen sie wählen soll. Der „Slogan“ der Kampagne spricht eine andere Wählergruppe an. Aber im Ernst: Leider finde ich die Kampagne unvollständig, weil das Thema verfehlt wird. Ich vermisse die Erwähnung des ungarischen Christentums als kohäsive Kraft, ich weiß nicht, warum man sich für Christus schämt, warum man aufhört, über den Glauben zu sprechen, und warum die Öffentlichkeit jetzt den Promi-Priestern gehört, die die Leute nicht respektieren. Es reicht nicht aus, sich christlich zu nennen, dieses Christentum hat Verpflichtungen. Es ist schön, dass wir Flüchtlingen helfen, wir haben Aktionen, die denen eines Christenmenschen ähneln, aber die Gesellschaft muss zu ihren Wurzeln zurückgeführt werden, zur Anerkennung der Bedeutung einer christlichen Nation.
- Warum ist das Christentum in Ungarn als natürlicher Teil der Nation verschwunden oder geschwächt worden?
- Nicht nur bei den Ungarn ist sie geschwächt oder verschwunden. Darunter leidet ganz Europa. Und das ist auch der Grund für den gegenwärtigen Krieg, denn seit 108 Jahren leben die europäischen Gesellschaften in einer sozialen Struktur, die auf einer gewalttätigen, liberalen, verlogenen Mentalität und einer gewalttätigen, liberalen, verlogenen Sozialstruktur beruht. Die christliche moralische Kontrolle über die Zivilgesellschaft wurde abgeschafft, die Religion wurde oft verspottet, in der kommunistischen und faschistischen Ära wurden Priester wegen erfundener Anklagen öffentlich vor Gericht gestellt. Die Kirche wurde diskreditiert, Königreiche wurden abgeschafft, Demokratien haben nie existiert, Republiken wurden geboren. Und mit der Entwicklung der Technik waren die Menschen daran gewöhnt, Tragödien vom Sessel aus zu verfolgen. Es war eine seelisch zermürbende Übung. Heute, in der Fastenzeit, am Kreuzweg, spüren nur wenige Menschen das Opfer, das Jesus für die Menschheit gebracht hat. Sie spüren nicht das Leid, das moralische Gewicht der Verurteilung des Unschuldigen, denn die heutigen Menschen erleben, hören und sehen es jeden Tag. Darüber hinaus haben Reichtum und Profitgier, die Charakterlosigkeit des Menschen, ein Ausmaß erreicht, wie es die Welt vielleicht noch nie gesehen hat. Und das Zweite Vatikanische Konzil hat die katholische Kirche auf einen abfälligen und holprigen Weg gebracht. Irrtümer, Traditionsverlust, liturgische Krise und die Fehlinterpretation und Relativierung der Gebote Jesu, die Organisation einer „demokratischen“ Kirche, d.h. einer synodalen Kirche, ist im Gange. Die Welt befindet sich im totalen Chaos.
Also: Trotz allem ist das Christentum der Ungarn keine Privatsache und hätte weder in der Kampagne noch beim Friedensmarsch fehlen dürften. Aber unerklärlicherweise wurde es aus beiden verbannt. Und das ist ein Problem! Denn ohne den Glauben, ohne das aufrichtige Bekenntnis und die Praxis der christlichen Grundsätze auf staatlicher Ebene, ohne dass das Christentum nur als Schlagwort erwähnt wird, wird der Erfolg nicht vollständig sein.
- Das kommt mir ein bisschen bigott vor.
- Das ist keine Bigotterie meinerseits, obwohl es in der heutigen Welt bigott erscheint, vor dem Altar zu knien oder einen Rosenkranz zu halten. Dies ist ein christliches Land, auch wenn das vielen Menschen nicht gefällt. Das ist eine historische Tatsache, und jahrhundertelang nannte man Ungarn, das Königreich Ungarn, das Land der Muttergottes. Dann kam der Kommunismus, der alle Traditionen und
kirchlichen Aspekte auslöschte, und diese sind durch den Regimewechsel nicht wiederhergestellt worden. Die nationale Normalität wurde ausgelöscht – das, was Sinn und Wesen ausmachte. Schauen Sie sich die Gesellschaft heute an. Wissen Sie, das, was mit Ungarn nach 1945 geschah, ist das, was heute mit Europa geschieht. Für uns waren Ungarntum und Christentum so selbstverständlich und
zusammengehörig wie in der Familie die „Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann“. Und diese Natürlichkeit wurde durch die politische „LGBTQ“–, sozialistische, kommunistische, liberale Mentalität und die ÁVH [die kommunistische Staatssicherheit] seit 1945 zerstört. In den letzten 80 Jahren hat sich nur ein einziger Mensch, nur ein einziger Politiker, Professor Miklós Kásler, der Minister, ernsthaft Gedanken gemacht, dass es genau das ist, worum es uns geht, dass es die Grundlage dessen ist, wovon wir überlebt haben, und dass es das ist, was wir wiederherstellen sollten. Deshalb bin ich in Stuhlweißenburg, weil ich die monumentale Ausstellung zu diesem Thema besucht habe, die der Traum des Professors war. Wir verdanken Minister Kásler viel. Ich hätte nie gedacht, dass ich das noch erleben würde: Was ich von unserem Geschichtslehrer der Salesianer, Dr. József Vas, am Franziskanergymnasium in Szentendre gehört habe, ist nun wahr geworden.
Wir haben Ungarnstudien und Forschungen, wir haben eine wunderbare Ausstellung über die vierhundert Jahre der dynastischen Herrschaft der Árpáden und über die ungarischen Heiligen. Wir haben das Fundament erreicht. Jetzt sollten wir weitermachen. Ich hoffe, dass es nach den Wahlen am 3. April weiter eine Möglichkeit geben wird, dies zu tun.
- Sie haben einige ziemlich harte Beobachtungen über das moderne Zeitalter.
- Weil ich keiner dieser partei- oder ideologiehörigen, geldgierigen Medienversteher, Lohnempfänger bin. Seit vierzig Jahren sage ich immer wieder die Wahrheit, die in vielen Fällen bewiesen ist, ohne sie schönzureden und ohne Schmeicheleien. In vierzig Jahren war ich weder ein Kommunist noch ein Liberaler, wie die „Experten“ der heutigen nationalen Presse, die gerade wegen ihrer Sozialisierung in dieser Richtung keine Ahnung haben wovon ich rede, wenn es um das Christentum geht. Ein unbestrittener guter Wille ohne eine gewisse Kenntnis der Dinge ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
- Ich habe Hemmungen, Sie zu fragen, was Sie vom Krieg und seinem Ausgang halten?
- Schauen Sie, ich bin kein Wahrsager. Aber da in der heutigen Weltpolitik ein Kampf zwischen abartigen und wahnsinnigen politischen Kräften stattfindet, schließe ich die Möglichkeit vom Ende dieser Zivilisation, wie wir sie heute kennen, nicht aus. Man fürchtet sich vor Nuklearwaffen, aber je mehr man sich in den Krieg einmischt, desto mehr läuft man Gefahr, in einen Atomkrieg zu geraten. Denn im Krieg ist die Vernunft dahin, die Menschlichkeit verschwindet, „die Musen schweigen“. Die
verlogene und niederträchtige Haltung, die die Welt an diesen Punkt gebracht hat, führt zum dritten Krieg [in Europa] innerhalb von 108 Jahren. Und das muss ein Ende haben. So oder so, man kann keinen Krieg gegen die Normalität führen. Die Normalität gewinnt immer. Es gab schon einmal eine Zivilisation wie die unsere auf der Erde. Es gibt zahlreiche Beweise. Und es wird nach uns auch eine kommen. Aber es wäre bedauerlich, so weit zu kommen. Wir hätten in Frieden, Liebe und dem damit verbundenen Wohlstand leben können. Brauchten wir doch nicht! Die Welt ist von einem mörderischen, hasserfüllten, gierigen, utilitaristischen und unmenschlichen Geist durchdrungen, der im Kapitalismus und im Sozialismus sichtbar geworden ist. Die Mischung aus Kommunismus und Faschismus wütet und zerstört jetzt immer wieder in einem noch nie dagewesenen Ausmaß. Das könnte tödlich enden. Der gesunde Menschenverstand kann diesen Prozess nicht mehr umkehren. Der Krieg ist daher leider unvermeidlich. Es musste etwas passieren, um fehlgeleitete Gesellschaften, moralisch verkommene europäische Führungen und Völker, die die Logik der Schöpfung ablehnen und mit zweierlei Maß messen, zu ernüchtern. Ich kann nur hoffen, dass Europa wieder lernen wird, zu beten und an Gott zu glauben! Wenn nicht, wird sie zerstört. Und das wird nicht die Strafe Gottes sein, sondern das Ergebnis der menschlichen Dummheit, des Unverständnisses und der Primitivität.
(Quelle: Esti Újság - Dr. Szabolcs Fehér ; Übersetzung ins Deutsche von Dr. Gábor T. Túri)